Data-driven Design – mit Daten nutzerzentriert gestalten

Wir haben mit Marie Bossecker, Senior Experience Strategist bei think moto, über Data-driven Design gesprochen. Sie hat langjährige Erfahrung darin, Daten, Strategie und Design so zu kombinieren, dass sie die Basis für Entwicklungsprozesse digitaler Produkte und Services bilden. Wir haben Marie gefragt, was Data-driven Design überhaupt ist, wie datenbasiertes Design und Kreativität zusammenhängen und wie Innovation durch Nutzerdaten an Qualität gewinnt

Was versteht man unter Data-driven Design?

Data-driven Design ist radikal nutzerzentriert und leitet sich aus dem Design Thinking ab.

Der erste Schritt, noch bevor der Strategie- und Design-Prozess beginnt, ist eine umfangreiche Erhebung echter Nutzerdaten, welche das aktuelle Verhalten der Nutzergruppe widerspiegeln. Zusammen mit weiteren Datenerhebungen während des Prozesses bilden sie die Grundlage für die Entwicklung neuer Ansätze in Strategie und Design.

„Data-driven Design bedeutet, dass Designentscheidungen auf der Grundlage vorangegangener Recherche und Datenanalyse getroffen werden.“

Der Begriff Daten umfasst sowohl die Ergebnisse aus qualitativer Forschung, wie bspw. aus Interviews, als auch aus quantitativer Forschung, bspw. aus Umfragen oder Trackingdaten. In beiden Ansätzen müssen die Daten ausgewertet und interpretiert werden. Bei qualitativen Daten handelt es sich um sehr subjektive Aussagen der Nutzer, die zunächst in einen Kontext gebracht werden müssen, um sie verwenden zu können. Quantitative Daten hingegen werden akkumuliert und während der Auswertung durch weitere Recherchen begleitet und be- oder widerlegt.

 

Wie läuft der Data-driven Design Prozess ab?

Wie bei vielen Gestaltungsansätzen gibt es keine klare Prozessvorlage. Bei den hier dargestellten Schritten handelt es sich um einen Rahmen, der so verwendet oder leicht modifiziert werden kann. Als strukturelle Grundlage, dienen die 6 Schritte des Design Thinkings: Empathize, Define, Ideate, Design und Test.

  1. Datenerhebung & Analyse

Daten können durch verschiedene Methoden erhoben werden, z.B. durch qualitative Nutzerinterviews oder durch eine quantitative Datenerhebung. Dafür können Tools zum Einsatz kommen, die Nutzerverhalten anonym abfragen oder aufzeichnen, wie bspw. in-Page-Surveys, Heat- und Clickmaps oder durch Eye-Tracking.

Die Datenanalyse ist Aufgabe der Strategen. Sie interpretieren die Daten und filtern die problematischen Schnittstellen heraus. Viele moderne Tools zur Datenanalyse können dabei helfen, Auffälligkeiten und Hierarchien herauszuarbeiten, die die Performance einer Website fördern oder negativ beeinflussen.

  1. Definition

Nun gilt es, auf gewonnene Erkenntnisse und Annahmen zu reagieren. Diese Phase wird von umfangreichen Recherchen und ggf. Nutzertests begleitet, um die Annahmen erneut zu überprüfen. Es gibt viele Neigungen im Markt, die sich auf das Nutzerverhalten auswirken können. Beispielsweise die Pandemie. Das Nutzerverhalten hat sich dadurch extrem verändert. Diese äußere Einflüsse und Trends werden in der Definitionsphase beleuchtet und analysiert.

„Bedeutet eine bessere Conversion Rate, dass wir Erfolg hatten, oder gibt es vielleicht auch andere Bewegungen im Markt oder in der Zielgruppe, die dieses Ergebnis beeinflussen?“

  1. Strategie

In dieser Forschungsphase wird auf der Grundlage der vorherigen Schritte eine Strategie/ein Konzept entwickelt, das auf die erkannten Probleme eingeht und mögliche Lösungen beinhaltet. Hierbei werden in der Regel mehrere Ansätze entwickelt, die sich im Laufe des weiteren Prozesses beweisen müssen oder eben verworfen werden.

  1. Design & Implement

Auf Grundlage der Strategie ergeben sich konzeptionelle und gestalterische Maßnahmen, die von den Designern umgesetzt werden. Diese werden anschließend in die bestehende Website implementiert. Doch der Job ist danach nicht getan.

  1. Test

Nach der Umsetzung wird erneut eine Testphase durchgeführt, um zu prüfen, wie erfolgreich eine Maßnahme war. Aus den gewonnenen Daten lassen sich dann wiederum Erkenntnisse ziehen und eine überarbeitete Strategie entwickeln. Dieser Kreislauf wird auch als „Customer journey optimization“ bezeichnet.

Welche Rolle spielen Strategen im Data-driven Design Prozess, und wie grenzen sie sich von Daten Analysten ab?

Bei quantitativen Methoden sind vor allem die Datenanalysten dafür zuständig, die Datenerfassung zu ermöglichen, sprich eine Schnittstelle zwischen Plattform und Analysetool zu schaffen, die Daten zu speichern und sie den Strategen in zugänglichen Dashboards zur Verfügung zu stellen. Schnittstellen, wie bspw. Google Analytics, hotjar oder VWO, machen die Erfassung und Übermittlung der Daten erst möglich. Um die generierten Daten besser auswerten zu können, werden sie in Dashboards übersetzt und mittels Datenvisualisierung verständlich dargestellt. Die Strategen erhalten Zugang zu den Daten und können diese nun auswerten. Ihre Aufgabe besteht in der Analyse und Interpretation der gesammelten Daten, der Definition von Maßnahmen, begleitet von umfangreichen Recherchen, und der anschließenden Entwicklung einer Strategie.

Bei qualitativen Methoden der Datenerhebung, zum Beispiel Interviews oder Fokusgruppen, können Strategen von Beginn an involviert sein. Sie entwickeln die Studie, definieren Ziele und legen die Rahmenbedingung fest. Nach der Datenerhebung werten sie die Daten dann auch aus.

Was ist der Mehrwert aus der Kombination von Strategie und Datenanalyse im Design Prozess?

Bei der Flut von digitalen Angeboten setzen sich diejenigen durch, die ihre Nutzer am besten kennen und das Erlebnis für sie optimal gestalten. Durch die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Nutzer ist es umso wichtiger geworden, die relevanten Inhalte so zugänglich wie möglich zu präsentieren. Je besser das Erlebnis auf den Nutzer und seine Bedürfnisse abgestimmt ist, desto länger sein Aufenthalt und desto höher die Wahrscheinlich einer „Conversion“, wie z.B. ein Kauf oder eine Download.

Für Designer ist es heute fast unmöglich, alle Bedürfnisse der möglichen Nutzergruppen in die Designentscheidungen einzubeziehen. Manche nutzen die Website sehr häufig, andere schauen nur gelegentlich vorbei. Es gibt digital affine Personen und solche, die mehr Hilfestellung benötigen. Deshalb ist es für Designer wichtig, sich auf vorangegangene, datenbasierte Recherchen zu stützen. Diese zeigen das aktuelle, reale Verhalten der aktiven Nutzergruppen.

„Du kannst als Designer ohne vorangegangene, datenbasierte Recherche nicht wissen, was deine Nutzer wirklich machen oder brauchen. Da liegt der klare Unterschied zwischen etwas Meinen und etwas Wissen.“

Wo lässt sich unser Branded Interactions Design Prozess mit dem Data-driven Design Ansatz verknüpfen?

In allen Phasen des Branded Interactions Design Prozess lässt sich Datenanalyse gut integrieren. Dabei hängt es ganz von dem Projekt und der Branche des Kunden ab, wie intensiv die Analyse von Nutzerdaten angewendet werden kann. Besonders hilfreich sind Datenerhebungen auf Webseiten mit hohem Traffic, hier kommen viele Nutzer zusammen, wie z.B, in einem großen E-Commerce Shop. Auch Chatbots und deren Schnittstellen bieten eine gute Grundlage, um die Performance durch Daten langfristig zu steigern. Qualitative Datenerhebung wiederum kann auch reine Branding-Projekte und MVBs unterstützen und helfen, die Nutzergruppe von Anfang an durch Interviews und andere Forschungsmethoden besser zu verstehen.

„Vor allem in den ersten beiden Phasen Discovery und Define, lässt sich datenbasierte Strategie mit dem Branded Interactions Design Prozess verknüpfen. In Phase 5, Distribute, ebenfalls, da es dann darum geht, das Implementierte weiterzuentwickeln.“

Geht die gestalterische Freiheit nicht verloren, wenn man sich immer auf Daten bezieht?

Echte Nutzerdaten sollten keine Einschränkung in der gestalterischen Freiheit sein, sondern als Stütze bei der Entwicklung neuer Designansätze dienen. Die Daten zeigen den Designern, welche Ansätze bereits gut- und welche überhaupt nicht funktionieren. So können sie sich auf die wesentlichen Pain Points fokussieren und Lösungen dort schaffen, wo sie auch wirklich gebraucht werden. Der Kreativität selbst sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Eine kontinuierliche Analyse des Nutzerverhaltens hilft uns, Bestehendes zu optimieren und bestmöglich an die Nutzer anzupassen. Um neue, innovative Ansätze zu entwickeln, muss man sein bisheriges Wissen immer wieder in Frage stellen, um sehen zu können, was vielleicht noch besser funktioniert. Auch innovative Designansätze können immer wieder durch Nutzertests und -recherchen verbessert werden. 

Welche Herausforderungen bringen Trends und Technologien aus den Bereichen Tracking und Datenanalyse für die Kombination aus Daten und Design mit sich?

Neben äußeren Faktoren, wie Pandemien, Klimawandel oder Nachhaltigkeit, spielen aktuelle Trends eine entscheidende Rolle dabei, wie wir uns online verhalten. So funktionieren Videoinhalte derzeit viel besser als statische Inhalte, wie Plattformen wie TikTok oder Instagram anleiten. Auch das Bedürfnis, als Individuum behandelt zu werden hat einen Einfluss darauf, welche Ansprüche wir an unsere Online-Erlebnisse stellen.

 „Wenn ich Geburtstag habe, erwarte ich von der Marke, bei der ich schon hunderte von Euros gelassen habe, einen fetten Gutschein.“

Die Grenze zwischen Personalisierung von Inhalten und Manipulation von Käufern kann sehr schmal sein. Jeder Klick und jeder geschriebene Text verraten mehr darüber, was uns gefällt und sogar, wie wir uns gerade fühlen. Parallel zur realen Persönlichkeit haben wir auch eine virtuelle, den die Analyse Tools aus unserem Verhalten, unseren Daten, aufbauen und uns dann die Inhalte zuspielen, die am besten zu uns passen.

„Ich glaube, dass in Zukunft der Grat zwischen Manipulation und Personalisierung schmaler werden wird. Die Frage ist doch, wo wir die Grenze ziehen. Was ist Ausbeutung, was ist Komfort? Als Designer haben wir eine tragende Verantwortung uns zu positionieren.“

Wir bei think moto wollen uns weiter mit dem Thema Daten und Design beschäftigen und freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Marie, um unsere Expertise in diesem Bereich zu stärken.

Möchtest du mehr über den Designprozess bei think moto erfahren? In dem Buch „Branded Interactions“ von unseren Gründern kannst du alles darüber lesen. Schau dir auch unser Projektportfolio auf thinkmoto.de an, um mehr über unsere Arbeit zu erfahren.

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